Astrofotografie mit Minimalausrüstung

Orionnebel (Detailausschnitt)

Der Orionnebel, aufgenommen mit einer Kompakt-Digitalkamera und einem Fotostativ

Als Eigentümer einer "normalen" Digitalkamera bewundere ich schon länger die von Profis oder engagierten Amateuren gemachten Panoramafotos vom Sternenhimmel. Auf Bildern, die mit einem ganz normalen Weitwinkelobjektiv aufgenommen wurden, sind dort nicht nur die paar Sterne zu sehen, die man eben auch mit bloßem Auge sieht, sondern es gibt (zumindest in Blickrichtung zur Milchstraße) Himmelsregionen, die wegen der Unmenge von Sternen schon beinahe flächig weiß erscheinen.
Nun habe ich mich gefragt, ob man diese Aufnahmen, die normalerweise mit einer auf einer Nachführvorrichtung montierten möglichst teuren Kamera bei Belichtungszeiten um fünf Minuten (um nur mal eine Größenordnung zu nennen) entstanden sind, nicht auch mit "leichtem Gepäck" nachvollziehen kann. Folgendes ist die Idee:
Man stellt seine Digitalkamera auf ein normales Stativ. Da sich das Himmelsgewölbe relativ zur Erde bewegt, kann man dabei je nach Brennweite nur Belichtungszeiten von etwa 10 Sekunden nutzen, bevor ein Stern auf dem Foto zum Oval oder gar zur Strichspur entartet. Wenn man nun genügend viele Einzelaufnahmen mit dieser kurzen Belichtungszeit gemacht hat, verschiebt und dreht man die Bilder am Computer wieder zurück, addiert sie auf und bekommt so schließlich ein Foto, das ohne Nachführung eine effektive Gesamtbelichtungszeit von ein paar Minuten hat und auf dem die Sterne trotzdem noch (näherungsweise) rund aussehen. So weit die Theorie...

Nachdem eine Suche im Internet außer dem recht komplexen Windows-Programm "Iris" nicht viel ergab, was mir beim Zurückdrehen und Übereinanderstapeln der Einzelbilder helfen könnte, kam mir der Gedanke, dass alle dafür nötigen Schritte eigentlich auch auf der Linux-Kommandozeile mit Hilfe des ImageMagick-Pakets möglich sein müßten. Die Idee ließ mich nicht mehr los, und so schrieb ich mir zwei Shellskripte, die zwar vermutlich nicht mit den ausgefeilten Algorithmen z.B. der Iris-Software mithalten können, aber dafür laufen sie unter Linux ;-)
Als die erste Gelegenheit für einen Praxistest gekommen war, war natürlich dummerweise gerade (fast) Vollmond und ich obendrein beruflich unterwegs; trotzdem habe ich mir leihweise eine Digitalkamera geschnappt (Fuji FinePix S1pro) und ein bißchen fotografiert. Die Ergebnisse meiner ersten Versuche gibt es, inklusive weiterer Kommentare, hier (Seitengröße inkl. Bilder 214kB).

Als ein paar Wochen später der Himmel deutlich weniger vollmondverseucht war und ich auch wieder meine eigene Digitalkamera (Sony DSC-V1) zur Hand hatte, entstanden einige weitere Aufnahmen (Seitengröße mit Bildern 296kB), darunter auch die obige.

Natürlich werden die hier gezeigten Bilder niemanden vom Hocker reißen, der sich selbst schon mal intensiver mit Astrofotografie beschäftigt hat. In Anbetracht der Tatsache, mit welch moderatem Equipment die Aufnahmen entstanden sind, bin ich persönlich aber durchaus zufrieden. Das endgültige Fazit der ganzen Sache möchte ich aber dem geneigten Leser überlassen (übrigens bin ich immer froh über Anregungen und Vorschläge, also immer raus damit).
Mir selbst hätten zum Vergleich mit der "herkömmlichen" Aufnahmetechnik noch mit den gleichen Kameras gemachte, nachgeführte Aufnahmen gut gefallen; leider ist das nicht drin, weil sowohl die S1pro als auch die DSC-V1 nur maximal 30 Sekunden Aufnahmedauer haben. Zumindest gibt es ein paar Vorteile:
- Rauschen und Hotpixel kumulieren sich nicht (wie das mit einer Nachführung der Fall wäre) immer auf demselben Pixel des Ergebnisbildes und treten deshalb weniger deutlich zutage (obendrein kann man Hotpixel mittlerweile vom Shellskript entfernen lassen).
- höhere effektive Belichtungszeit als die Kamera es zuläßt
- ein durch das Bildfeld fliegendes Flugzeug versaut einem nicht die ganze Aufnahme; man löscht vor dem Zusammenfügen einfach das entsprechende Einzelbild.
- und natürlich: man braucht keine Nachführung und muß diese deshalb auch nicht einnorden.

Nachteile gibts natürlich auch. Der wesentlichste ist wahrscheinlich der hohe Platzbedarf der Bilder, wodurch der Speicher der Kamera eventuell ziemlich schnell am Ende ist. Das mag halb so wild sein, wenn man einen Rechner in der Nähe stehen hat; im Urlaub fällt es wohl schon ziemlich ins Gewicht.
Je nachdem, wie gut die verwendete Optik ist, gibt es auch das Problem, dass durch Bildverzerrungen die Sterne auf den zurückgedrehten Bildern nicht gut übereinanderliegen, besonders im Randbereich (was auf meinen Fotos auch deutlich zu sehen ist). Um sowas zu kompensieren, bräuchte man aber weitaus abgefeimtere Algorithmen, als ich sie programmieren kann (und ImageMagick wäre damit dann auch ziemlich schnell überfordert).
Und schließlich sollte noch festgehalten werden, dass die Qualität der Bilder trotz aller möglichen Tricks natürlich nicht das erreichen kann, was mit richtig teurer Ausrüstung (Spiegelreflex, motorische Nachführung, etc...) herauszuholen ist. Die kleinen CCDs einer normalen Digitalkamera rauschen einfach wesentlich mehr und sind weniger empfindlich als die einer Spiegelreflex, was man zwar durch das Übereinanderaddieren und eine liebevolle Nachbearbeitung halbwegs ausbügeln kann, aber letztendlich muss jemand, der wirklich tiefer in das Thema einsteigen will, nach wie vor kräftig investieren.

Ansonsten ist natürlich jeder eingeladen, selber ein bißchen rumzuprobieren und mir über seine Ergebnisse zu berichten; ich würde mich freuen, wenn ich das Skript nicht nur für mich selber geschrieben hätte, sondern wenn es auch andere zufriedene Nutzer gäbe. Meine Mailadresse steht oben im Skript.

Viele sternklare Nächte!


this page last updated 2004-10-19